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Wenn Sammler unter sich von dieser Maschine reden, denkt man: "Das muss ja etwas besonderes sein." Ausserdem steigert ihr Besitz anscheinend etwas des Sammlers Ansehen.
Ich musste, aufgrund von Versandproblemen, etwas über einem Jahr warten und war sehr gespannt auf sie. Der erste Eindruck: angenehm eckiges Styling. In einer Zeit, wo alles mögliche, egal ob es passt oder nicht, gerundet und ovalisiert wird, stellen die vielen 90 Grad Ecken sowie die vielen paralellen Linien der TD20 eine sehr angenehme Abwechslung dar. Die Farben, in diesem Fall Schwarz und Weiss, sind absolut konkret. Keine Grauzone. Sein oder Nichtsein. Oder: "Leute hier bin ich, der starke Kühle aus dem Norden!" (aus Norwegen)
Aber dennoch keine Spur von Aufdringlichkeit: 

Zweiter Eindruck: Nach etwas längerem Hinsehen fallen die quadratischen Knöpfe auf. Bei dieser Formgebung würde eine Unpasslichkeit sofort auffallen. Es erfordert also eine hohe Präzision bei der Herstellung. Anscheinend gelungen, die Knöpfe stehen allen in einer Linie. Die Skalen der VU Instrumente sind nicht, wie sonst gewohnt gekrümmt, sondern gerade.  Der kleinste Fehler, sowohl in der Höhe, wie auch in der Pralellität würde unausweichbar ins Auge stossen. So ein Design erfordert schon etwas Mut. Und wohl auch die Freigabe der erforderlichen Mittel für eine solche Fertigung, seitens der Firmenleitung.

Beim weiteren Hinsehen vermisst man nach einer Weile die Schrauben zum Abnehmen der Gehäuseoberteile. Auch das eingehende Suchen danach zeigt, es gibt sie anscheinend nicht: Salonfähigkeit pur. Man fragt sich, wie denn die Teile zusammengehalten werden. Sind sie gesteckt ?
Nein! Sind sie nicht. Die obere Deckplatte wird an den Seiten, verdeckt vom edlen Holzgehäuse, über spezielle Haltebleche mit dem Chassis verschraubt.
Die Untere Deckplatte wird von 4 Muttern unter den Regelknöpfen gehalten. Man kann, ohne die Knöpfe abzuziehen,  z.B. nicht erkennen, dass beim oberen "Input Right" Regler keine Mutter sitzt, dafür aber auf dem Unteren. 
Die Signale der Laufwerkstasten sind (etwas übertrieben) dezent gehalten. Es sind sehr kleine Bohrungen auf der Frontplatte und die kleinen Leuchtdioden darunter sind solche, die nur eine ganz kleine Leuchtfläche haben. Wer also Jahrmarktbeleuchtung will, der soll da auch hingehen und es sich dort ansehen (oder sich irgendwas Japanisches kaufen), auf eine Tandberg gehört sowas nicht! 

Jeder TB Sammler wird nach kurzer Zeit versuchen, die Kopfabdeckungen abzunehmen. Soviel Neugier muss ja sein. Das geht bei der TD20 sehr einfach. Beide Abdeckungen sind nun doch gesteckt und gehen sehr leicht ab. Aber sie sitzen keinesfalls locker. Dreht man eine davon um, sieht  man, dass die Tandberg auch "hinter den Kulissen" mit einer hohen Qualität verarbeitet ist. Die Abdeckungen sind aus Spritzguss, gepresst in einer sehr sauber verarbeiteten (=teuren) Form. Gerade bei japanischen Geräten sieht es Innen nicht so hübsch aus, wie von Aussen. Die TD20 hat dagegen nichts zu verbergen.

Man sieht weiter, einerseits um diese Schöheit weiter auszukosten, andererseit, um vielleicht doch noch Irgendetwas zu finden, was man kritisieren könnte.

Aber es gibt nichts zu nörgeln! Auch nichts am Holzgehäuse, sogar nicht, wenn man die TD20 umdreht. Die Rückwand ist zwar aus Presspappe, aber sie ist immerhin und passend zum Ganzen, schwarz lackiert. Also fehlt auch hier das Erfolgserlebniss: " Acha erwischt, aber von Hinten ist sie doch gefuscht!" 

Nach alledem, möchten manche sicher auch wissen, wie es noch weiter Innen aussieht.
Die TD20 ist die erste Maschine, ja vielleicht sogar das erste Gerät überhaupt, auf dem sich auf der Rückseite Aufkleber befinden, die zeigen, wie man sie ausbauen muss. Dennoch ist es etwas mühsam, das recht schwere Chassis aus dem Holzrahmen heraus zu ziehen. Da diese Maschinen aber einen sehr robusten Eindruck machen, werden nur die wenigsten sich damit abplagen müssen. 

Das Chassis macht einen ersten, etwas japanischen Eindruck. Die Elektronik jedoch ist zweifelsfrei nicht vo daher. Es sind viele deutsche Elkos auf den Platinen. Potis und Schalter sind aber aus Fernost. Auch Philips hatte im Finaltrio (N7150, N7300, N4520) diese Teile aus der anderen Seite der Erdkugel verbaut.
Man erwartet eigentlich Papst Motoren, dagegen machen die Motoren der vorliegenden Maschine einen sehr fernöstlichen Eindruck.  Es steht ausser einem "S" nichts drauf, was auf die Herkunft schliessen lassen könnte. Die Service Doku bringt Licht: Sind die Motoren grau, handelt es sich um Shinano Kenshi Motoren. Sind sie jedoch schwarz, dann kommen sie von Pabst (also doch). Bei diesem Exemplar handelt es sich ganz offenbar um die Erstgenannten. Bevor man sich für den Kauf einer TD20 entscheidet, könnte man also eventuell nachfragen, was für Motoren eingebaut sind, Shinano oder Pabst, Graue oder Schwarze. Aber nur wenn man gerne übertreibt und unbedingt auf Pabst Motoren schwört.

2 grosse Platinen teilen sich die Elektronik. Die obere die Steuerlogik, Motorsteuerung und Netzteil, die Untere den Audioteil. Einige weitere kleinere Platinen übernehmen das Übriggebliebene. Es gibt keine Relais. Geschaltet wird über Triacs. Die Wickelmotoren werden zwar elektronisch geschaltet, aber eine elektronische Regelung gibt es nicht. Auch nicht beim Capstanmotor. Er läuft mit 100V Wechselspannung aus dem Netztrafo. Die Geschwindigkeit ist also netzfrequenzabhängig. Für die 2 schaltbaren Geschwindigkeiten hat er 2 verschiedene Spulengruppen. Je nach gewählter Funktion bekommen die Wickelmotoren verschiedene Spannungen, die alle vom Netztrafo erzeugt und über Triacs geschaltet werden.
Auch die Fühlhebel haben keine Elektronik. Der Linke steuert mechanisch die Bremse, der Rechte macht garnichts, ausser dem Führen des Bandes. Der Bandzug muss manuell auf die benutzte Spulengrösse angepasst werden. Mit dem Schalter "Reel" wird die Spannung der Motoren über einen Widerstand abgeschwächt (kleine Spulen) oder nicht.
Die TD20 hat 2 Lichtchranken. Die erste sitzt unter dem rechten Spulenteller. Durch sie erkennt die Steuerung ob sich das Band bewegt oder nicht. Wird von Spulen auf Stop geschaltet, fängt der bremsende Motor an sich zu drehen und hilft so den mech. Bremsen. Erst wenn der rechte Spulenteller still steht, werden die Motoren abgeschaltet, bzw, hatte man Play gedrückt, die Funktion gewechselt. Die zweite Lichtschranke sitzt zwischen den Köpfen und "sieht" nach, ob ein Band eingelegt ist, oder bemerkt Bandriss/Bandende.

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Aber das Interessante an der TD20 ist der 4. Motor. Dieser ersetzt die Elektromagnete und macht die ganze mechanische Arbeit. Er löst die Bremsen und drückt die Andruckrolle an den Capstan. Dazu dreht er ein Exzenterrad, das wiederum einen langen Hebel betätigt, der an einer Seite am Andruckrollenhebel befestigt ist und an der anderen die Bremsen löst. 2 Mikroschalter geben der Steuerung Bescheid über die Stellung des Rades. Dadurch wird das ganze zu einem sogenannten Servo-Sytem.

Obwohl das ganze etwas einfach aussieht, stellt man bei weiterm Hinschauen fest, dass alles doch sehr präzise gebaut ist. Schaut man noch nach den Köpfen, sieht man wieder mal die grosse Qualität dieses Chassis. Links vom Aufnahmekopf sitzt die Lichtschranke (schwarzes Teil), die "prüft" ob ein Band präsent ist.

Der Capstan wird über einen Riemen angetrieben, bei der vorliegenden Ausführung (High Speed) über eine recht grosse Riemenscheibe, im oberen Bild die Alu-Scheibe am rechten Bildrand. Bei der 9,5/19 Version wird sicher dieses Rad nur halb so gross sein.
Die Mechanik der Andruckrolle ist sehr aufwendig.

Zur Austattung/Bedienung ist zunächst zu sagen, dass es keine Pausentaste gibt und die Spulengrösse mit einem Schalter vorzuwählen ist. Zum Aufnehmen gibt es getrennte Vor-Schalter. Stehen diese auf "Record Select On", brennt über den Bandlauftasten die "Standby" LED. Drückt man so die REC Taste, geht die Aufnahme sofort los. Ob das Sicherheit genug gegen unbeabsichtigtes Löschen ist, sei dahingestellt.
Bei Wiedergabe kann man die Lautstärke über je einen Regler pro Kanal regeln. Die grossen VUs zeigen natürlich auch bei Wiedergabe an. Allerdings, für Philips gewohnte, etwas zu träge. Bei Aufnahme/Hinterband zeigen jedoch sie weiterhin das Aufnahmesignal an. Mit dem Edit/Cue Schalter kann man beim Spulen, sowie bei Stop, die Stummschaltung der Köpfe abschalten. So ist Cueing möglich.  
Der Sync Schalter ist für Duoplay/Multiplay, d.h. man kann einen Kanal abhören, während auf dem anderen aufgenommen werden kann. Der Aufnahmeverstärker hat zwei mischbare Eingänge. Cinch und DIN/Mikrofon. Ein Masterregler erschwert, meiner Meinung nach, das Aussteuern, auch wenn ich mit dieser Ansicht alleine dastehe. Dennoch ist er natürlich ein Plus in Punkto Ausstattung.
Die technischen Daten sprechen für sich, sie sind nach den Vorschriften der Hi-Fi DIN 45500 aufgenommen.

Die Tasten für die Laufwerkssteuerung haben 2 weitere Funktionen. Zum einen die "Free" Funktion, drückt man Stop und Wind zusammen, werden die Bremsen gelöst, man kann die Spulen absolut ungebremst drehen. Das dient wohl zum Einfädeln und wird duch die "Free" LED angezeigt. Allerdings sind dann die Spulen etwas zu "Free" und man muss aufpassen, dass man sein ganzes Band nicht als Salat auf dem Tisch liegen hat. Diese Funktion anzuwählen erfordert etwas Gewohnheit. Man muss die Stop Taste zuerst drücken und so lange halten bis man die Wind Taste gedrückt und wieder losgelassen hat. Durch erneutes Drücken der Stop Taste werden die Bremsen wieder aktiviert und der linke Motor strafft das Band, allerdings nur während einer bestimmten Zeit. Es wird also nicht die Bandspannung gemessen.
Die 2. Funktion erreicht man durch Drücken beider Umspultasten. Werden beide Tasten  zusammen gedrückt, wird das Band, wenn schon gespult wird, abgebremst. Je nachdem welche Taste man gedrückt hält, läuft es dann in diese Richtung weiter. So soll man Cueing machen können. Wird keine Taste mehr gedrückt, bleibt das Band stehen, ohne dass die Stop Taste gedrückt werden muss. Ein Ersatz für  variable Umspulgeschwindigkeit. Macht Spass damit zu spielen.

Fazit: Eine Bandmaschine mit recht viel Charakter, die es sich immer wieder dezent anmerken lässt, dass sie von Adel ist.


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