Tonkopf abgenutzt - was nun ?
ACHTUNG: Warnung: für die Richtigkeit und Anwendbarkeit des nachfolgenden Tipps wird keinerlei Garantie übernommen. Wer den nachfolgenden Tipp ausprobiert, tut dies voll und ganz auf eigene Gefahr. Ein hohes Risiko, vielleicht zunächst an einem 'Probekopf' ausprobieren? KEINE GEWÄHR! DURCHFÜHRUNG AUF EIGENES RISIKO!

Viele von euch, liebe Tonbandfreunde und –sammler, vor allem aber diejenigen, die ihre Maschinen regelmäßig nutzen, werden irgendwann feststellen, dass ihr Gerät nicht mehr so klingt wie ehedem. Es fehlt an Höhen, die Reinigung der Tonköpfe bringt keine Besserung mehr, beim genauen Untersuchen der Köpfe bzw. des Kombikopfes stellt man eine erhebliche Abnutzung in Form von Einschliff fest, der bis zu mehreren Zehntel Millimetern betragen kann. Besonders schlimm kann dieser Einschliff bei Geräten mit Andruckfilz(en) werden; hier ist oft eine regelrechte Kraterlandschaft auf dem einst so glatten Kopfspiegel entstanden. Die Folgen sind einleuchtend: Das Band liegt nicht mehr voll an, es kommt zu Dropouts, zu Höhenverlusten. Das kann so weit gehen, dass der Kopf praktisch schrottreif ist, die Maschine nimmt nur noch Frequenzen bis 5 kHz auf, dazu auf beiden Spuren unterschiedlich laut. Soll man nun mangels Ersatzteilen oder aber angesichts horrender Preise für Tonköpfe, die Maschine ausmustern und entsorgen oder dem Radiomuseum Rottenburg an der Laaber zur Verfügung stellen?...

Halt, mein Freund, wer wird denn gleich die Flinte ins Korn werfen!? Da gibt es noch eine Möglichkeit, von der früher, d.h. in den fünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, von ambitionierten Werkstätten häufig Gebrauch gemacht wurde: das Läppen oder Feinschleifen von Tonköpfen.

Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: ein Kopf, der schon 0,5 mm eingeschliffen ist und außerdem Dellen durch verhärtete Staubablagerungen am Andruckfilz zeigt, ist wirklich reif für die Tonne! Ebenso gelten die folgenden Ausführungen nicht für Ferrit- oder Glasferritköpfe. Diese lassen sich nicht läppen und werden dies meist auch nie nötig haben, denn ihre Lebensdauer beträgt bis zu 10000 Stunden! Ein normaler Tonkopf aus Permalloy oder Sendust, ganz zu schweigen von den unterschiedlichsten goldfarbigen und grau-silbrigen Legierungen, mit denen vor allem in den 60er Jahren experimentiert wurde, hat dagegen nur eine Lebensdauer von 500 bis 1000 Betriebsstunden. Bestimmte Köpfe (Telefunken bis Ende 60er; Tandberg) sind für ihre weiche Beschaffenheit berüchtigt und werden schon nach 500 – 600 Stunden reif für die Nachbehandlung oder den Austausch, andere wieder halten die doppelte Zeit durch. Abhängig ist das unter

anderem vom Kopf-Umschlingungswinkel des Bandes, und vom Bandzug, bzw, dem Andruck des Bandes durch einen Filz o.ä. Ein hoher Bandzug im Verein mit geringer Umschlingung (von ca. 5 bis 8 Grad) führt zu einem höheren spezifischen Druck des Bandes auf den Kopfspiegel in der Berührungszone als ein Umschlingungswinkel von etwa 9 bis 15 Grad. Ebenso spielt hier das verwendete Bandmaterial eine Rolle. Bänder mit polierter Oberfläche sind natürlich kopfschonender als solche mit matter Schicht, oder vereinfacht gesagt: Bänder aus der Produktion der letzten 15 oder 20 Jahre sind in dieser Hinsicht älteren Typen vorzuziehen!

Ich weise darauf hin, dass ich für die folgenden Ausführungen keinerlei Haftung übernehme; wenn jemand von euch, liebe Tonbandfreunde, einen Tonkopf wegen mangelnden Fingerspitzengefühls oder durch Verwendung von 40er statt 400er Schleifpapier ruiniert, dann möge er das bitte nicht dem Verfasser dieses Artikels anlasten. Ich kann aber auch gleichzeitig versichern, dass das Verfahren einfacher ist und schneller geht, als man das beim Lesen meinen könnte. Ich habe an einem Abend innerhalb einer Stunde fünf Köpfe von Bogen, Telefunken und Tandberg übergeläppt und alle funktionierten hinterher wieder am ersten Tag!

Also: man nehme ein bis zwei Bogen Schmirgelleinen oder wasserfestes Schleifpapier, Körnung 400, ebenso ein oder zwei Bogen mit Körnung 600 oder 800, weiterhin benötigen wir eine Glasplatte, die mindestens so groß ist, wie der Bogen Schleifpapier (etwa eine Scheibe aus einem preiswerten Bilderrahmen oder auch das Glaskeramikfeld unseres Elektroherdes in der Küche!). Eine Flasche Stahlfix (Reinigungsmittel für Edelstahlspülen und –töpfe) und ein sauberer Lappen vervollständigen unsere Ausrüstung.

Und nun geht’s los. Wir legen das Schleifleinen oder -papier auf die Glasscheibe und bewegen den Tonkopf (beinahe hätte ich geschrieben „unseren Kopf“), den wir natürlich vorher ausbauen, in lockerem Schwung darauf vor und zurück, wobei wir versuchen, den originalen Krümmungsradius des Kopfspiegels zu erhalten. Zwischendurch drehen wir den Kopf mal um 180 Grad (ihr wisst schon: nicht „unseren Kopf“!), um einen ungleichmäßigen Abtrag von Material zu vermeiden. Immer schön mit leicht kippender Bewegung schleifen, zwischendurch immer mal das Ergebnis kontrollieren. Schon nach wenigen Minuten werden wir das Verschwinden der meisten Unebenheiten feststellen, nach einiger Zeit sind auch die Stufen an den eingeschliffenen Kanten verschwunden. Wenn der ganze Kopfspiegel eine gleichmäßige, matt-geschliffene Oberfläche hat, wechseln wir kurz auf des feinkörnige Schleifmaterial und glätten damit die noch verhältnismäßig groben Schleifriefen. Hierbei reicht es aus, des Kopf etwa 20-30 mal über das 600er Papier zu führen, danach werden wir ihn nicht wiedererkennen (hoffentlich im positiven Sinne!).

In jedem Fall muss so lange gearbeitet werden, bis die Stufen, die das Band hineingearbeitet hat, wieder hinausgearbeitet sind. Im Idealfall müsste man den Kopf auf ein Haarlineal legen und dann keinen Lichtspalt mehr sehen können, aber das ist wohl mit dieser Handläpptechnik nur schwer zu erreichen. Wer seiner Arbeit den allerletzten Schliff verpassen will, kann für die Schlusspolitur des Spiegels einen Fingernagel-Polierstab verwenden (ich weiß nicht, wie das korrekt heißt). Das ist ein etwa 15 cm langer Kunststoff-Strimpel, den man in jedem Drogeriemarkt bekommt. Das Gerät, das etwa 2-3 Euro kostet, ist mit drei unterschiedlich feinen Polierschichten versehen, von 1-3 oder grob/mittel/fein gekennzeichnet. Den Tonkopf in den Schraubstock spannen (vorsichtig! Grobmotoriker lassen das lieber!) und mit dem Polierstab so verfahren, wie man mit einer Feile eine Rundung feilt. Wer nicht weiß, wie das geht, befrage einen Schlosser seines Vertrauens. Hinterher ist der Kopf dann aber wirklich wie neu und der wirklich allerletzte Feinschliff wird dann im Betrieb vom Tonband erledigt

Durch das Einläppen wird übrigens der Kopf dem theoretischen Ideal näher gebracht: angestrebt wird nämlich eine möglichst geringe Spalttiefe, um den Austritt des magnetischen Feldes im Bereich des Spaltes zu verstärken und somit ein gutes Durchmagnetisieren des Bandes zu ermöglichen. Da das Kernpaket im Spaltbereich eine bestimmte Abnutzung (und damit auch ein Nachschleifen) ermöglichen muss, kann der Hersteller die Spalttiefe nicht beliebig verringern, sonst würde sich der Luftspalt schon bei geringster Abnutzung verbreitern. Durch das Läppen kommt die Spalttiefe dem Grenzmaß näher, was wie gesagt den Feldlinien den Austritt in die Bandschicht erleichtert.

Etwas soll nicht unerwähnt bleiben: versucht bitte nicht, den Kopf in der Hand zu halten und ihn freihändig überzuschleifen! Das führt durch den „nachgiebigen“ Andruck der Hand dazu, dass die weicheren Teile des Kopfspiegels stärker abgeschliffen werden als die härteren, sprich: die Bereiche zwischen den Kernpaketen werden mehr zurückgeschliffen als die Spaltzone(n), was zu einem völlig unbefriedigenden Band-Kopf-Kontakt führt! Dasselbe gilt bei der Benutzung von Polier- oder Schleifwerkzeugen in der Kleinbohrmaschine (Dremel o.ä.). Ich spreche aus Erfahrung! Also bitte nur auf planer, harter Unterlage läppen. So, und nun wünsche ich euch allen ein fröhliches Schleifen, vielleicht der Übung halber zunächst an einem nicht ganz so wichtigen Exemplar, ich kann euch aber nochmals versichern, dass die Sache einfacher ist, als man denkt und der Erfolg ist fast sicher. Ich setze voraus, dass ihr in der Lage seid, einen Tonkopf nach dem Einbau sauber auf Höhe, Parallelität zum Band und Azimut zu justieren; wenn nicht, solltet ihr die Finger lieber davon lassen.

Übrigens: wer seine Dreikopfmaschine überwiegend zur Wiedergabe nutzt und den Sprechkopf schonen möchte, kann ihn bei Nichtbenutzung mit einem Stück mattem Tesafilm überkleben (uralter Trick!).

Band ab! — Band läuft!

Hannover, im Januar 2001

Mit freundlicher Genehmigung von Holger Born (hborn@htp-tel.de)

 

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